Grünlandflächen prägen das Landschaftsbild unserer Region. Sie liefern hochwertiges Futter für Milchviehbetriebe, stellen aber auch ein großes Potential für die Förderung der biologischen Vielfalt von Insekten, Pflanzen und Niederwild dar. Wie können landwirtschaftliche Rentabilität und Ökosystemleistung vereinbart werden? Und wie ist die ökologische Bedeutung von Blühstreifen einzuordnen? Diesen Fragen wurde im Rahmen eines Vortragsabends im LBZ Echem nachgegangen. Mitglieder unserer Ortsverbände Bleckede und Scharnebeck/Adendorf, unsere agrarpolitische Sprecherin Miriam Staudte und ein gemischtes Fachpublikum verfolgten nach der Begrüßung durch Christoph Soetebeer die Vorträge der Referenten Dr. Uwe Clar (LBZ Echem) und Dr. Olaf Anderßon vom Biotopverbund Elbtal Amt Neuhaus (BENe). Im Anschlussfolgte eine lebhafte Diskussion über Chancen und Probleme bei der Bewirtschaftung von Dauergrünland und Blühstreifen sowie den Problemen der Milchwirtschaft insgesamt.
Die Arbeit des Projekts Biotopverbund Elbtal Amt Neuhaus
Dr. Olaf Anderßon gab einen Einblick in sein Projekt „Biotopverbund Elbtal Amt Neuhaus (BENe)“. Ziel des Projekts ist die Förderung der biologischen Vielfalt in der Region durch die Vernetzung einzelner Biotope zu Biotopverbunden sowie die Steigerung an Blütenpflanzen in der Landschaft. Er stellte außerdem die Vor- und Nachteile ein- und mehrjähriger Blühstreifen auf die Förderung der Biodiversität dar.
Viele Landwirte legen Blühstreifen am Rande ihrer Flächen oder auf ungünstigen Standorten an. Für diese, durch die Agrarumweltmaßnahmen des Landes geförderten einjährigen Blühstreifen werden Saatmischungen angeboten, die meist exotische Arten und Zuchtsorten enthalten und nach einem Jahr umgebrochen werden.
Blühstreifen und Wildblumenwiesen
Blühstreifen stellen sowohl für die Landwirtschaft als auch den Naturschutz eine Bereicherung dar, allerdings werden hier leicht unterschiedliche Ziele verfolgt. Während für die Landwirtschaft besonders die Förderung der Nützlinge, die Bodenfruchtbarkeit und die Abgrenzung zu Nachbarflächen interessant sind, sollen die Blühflächen im Sinne des Naturschutzes einen Beitrag zur Artenvielfalt insgesamt leisten und außerdem sinnvoll und nachhaltig gestaltet sein, damit sie einen möglichst hohen Beitrag zur Vernetzung von Lebensräumen bieten. Die in der landwirtschaftlichen Praxis unkompliziert einsetzbaren schmalen, einjährigen Blühstreifen mit „Allerweltsarten“ dienen vor allem der Honigbiene und weniger anderen wichtigen Insekten. Sie werden umgebrochen, bevor sich eine dauerhafte Population verschiedener Arten etablieren konnte. Mehrjährige Blühstreifen schieben das Problem der „Biofalle“ zwar nur auf, haben aber ein größeres Artenspektrum, das allerdings auch Pflanzen beinhalten kann, die nach dem Umbruch der Blühfläche auf der Ackerfläche zu Problemen führen können. Blühstreifen ersetzen somit keine hochwertigen Lebensräume.
Im Vergleich hierzu sind die Wildblumenwiesen Dauergrünland und wesentlich reicher an heimischen Arten. Sie werden als extensiv genutzte Heuwiesen oder Weiden genutzt und stellen hinsichtlich der Förderung der Artenvielfalt aus Naturschutzperspektive die bessere Alternative zu den angelegten Blühstreifen dar.
Blühstreifen, kleinteilige Bewirtschaftung und Wegraine
Eine bewusste Planung von Agrarumweltmaßnahmen wie dem Anlegen von Hecken und Saumstrukturen, kleinerer Feldblöcke und blütenreicher Wegränder fördert den für den Erhalt der Artenvielfalt wichtigen Biotopverbund. Angelegte Blühstreifen können eine Ergänzung darstellen, aber grundsätzlich werden eine kleinteilige Bewirtschaftung von Flächen und dauerhafte Strukturen in der Landschaft eher dazu beitragen, das Artensterben aufzuhalten. Zur Erreichung dieser Ziele braucht es die Mitarbeit der Landwirte, die ihre Flächen entsprechend pflegen und dafür natürlich auch entlohnt werden müssen.
Ein weiterer wesentlicher, aber inzwischen leider immer seltenerer Bestandteil der Landschaft stellen auch die Wegraine, Feldränder und Hecken dar. Das wurde anhand einer Grafik deutlich, die den Strukturwandel der letzten 70 Jahre und den damit verbundenen Rückgang der Vielfalt an Insekten, Vögeln und anderen Wildtieren zeigte.
Vorstellung Intensiver und extensiver Grünlandtypen
Im Vortrag von Dr. Uwe Clar vom LBZ Echem wurde die Bedeutung intensiver und extensiver Grünlandtypen aus Sicht der Landwirtschaft beleuchtet.
Aufgrund der seit Jahren angespannten Preissituation auf dem Milchmarkt können Milchviehhalter heute nur bei allerbesten Produktionsbedingungen kostendeckend arbeiten. Zusätzlich zu dem bestehenden Kostendruck kommen durch Umwelt- und Tierschutzauflagen noch weitere Zusatzkosten auf die Halter zu, ohne dass sie dafür eine Entlohnung erhalten. Auch in der konventionellen Haltung von Fleischrindern ist eine Kostendeckung nur gegeben, wenn die Produktionskosten möglichst niedrig sind, was eine Weidehaltung nur mit Hilfe von Förderprogrammenermöglicht.
Für die Milchviehhaltung ist aufgrund der hohen Anforderungen an die Kühe eine intensive Bewirtschaftung des Grünlandes als Futtergrundlage notwendig. Dieses Grünland setzt sich vorwiegend aus einigen wenigen, schmackhaften Grasarten und Rot- und Weißklee zusammen. Die im extensiven Grünland vorkommenden, für den Naturschutz wertvollen Arten werden durch die Kühe gemieden und liefern nicht den Futterwert, der für die Gesunderhaltung der Kühe bei hoher Milchleistung notwendig wäre. Dies müsste dann durch die zusätzliche Fütterung von Eiweiß- und Energiefutter, wie z.B. Sojaschrot und Mais ausgeglichen werden.
Artenreiches, extensives Grünland kann aber für die Haltung alter Haustierrassen, für die Färsenaufzucht, die Mutterkuhhaltung oder für Pferde genutzt werden. Bei der Weidehaltung gerade kleinerer Wiederkäuer wird allerdings der aufwändige Herdenschutz gegen den Wolf zunehmend zu einem Kostenfaktor, da die Instandhaltung der Zäune viel Arbeitszeit bindet.
Diversifizierung von intensiv genutztem Grünland und extensiven Weidehaltung
„Die Produktion von „Fleisch aus Gras“ ist ökologisch sinnvoller“, so die Schlussfolgerung, da die Fleischrinderhaltung auch auf weniger ertragreichem Grünland ohne viel zusätzliches Kraftfutter möglich ist. Es sollte daher eine Diversifizierung zwischen intensiv genutztem Grünland zur Erzeugung von Futter hoher Qualität für die Milchproduktion und der extensiven Weidehaltung von Pferden, alten Haustierrassen und Fleischrindern geben. Hierzu ist eine Förderung der Weidetierhaltung durch eine Basisprämie für verschiedene Produktionszweige und einer Zulage für die Umweltleistung nötig. Auch müssen sich vermehrt regionale Schlacht- und Vermarktungsstrukturen für das Fleisch und die Milch aus Weidehaltung etablieren, um die Rentabilität zu sichern.
Zwischen wirtschaftlichen Zwängen und Bemühungen um mehr Artenvielfalt
Im Anschluss an die Vorträge folgte eine rege und gut durch Christoph moderierte Diskussion. Diese wurde teils emotional, aber immer konstruktiv geführt und zeigte die bestehenden Differenzen zwischen wirtschaftlichen Zwängen der Landwirtschaft und den, durchaus auch von den Landwirten unterstützten, Bemühungen um mehr Artenvielfalt auf. Ein Schwerpunktthema der Diskussion war aber vor allem die andauernde Misere auf dem Milchmarkt, die weiterhin kaum Spielraum für Produktivitätsverluste zugunsten von Naturschutz und Tierwohl zulässt. Außerdem wurde der Produktionsnachteil für Betriebe mit Weidehaltung aufgrund der nicht transparenten Kennzeichnung der Milch im Supermarktregal diskutiert. So können Konsumenten bisher nicht genügend erkennen, ob die Milch aus klimaschonender Weidehaltung erzeugt wurde oder Import-Soja zugefüttert wurde. Diese Qualitätsdifferenzierung ist aber aufgrund der heute herrschenden Molkereistrukturen schwierig umzusetzen. Ein Weg aus der negativen Preisspirale und den damit verbundenen wirtschaftlichen Zwängen kann nur durch eine neue Art der Kommunikation zwischen allen Beteiligten der Wertschöpfungskette, den Verbrauchern und letztlich auch der Politik erreicht werden. Der Weg zu einer besseren Vereinbarkeit von Tierwohl, Naturschutz, Nachhaltigkeit und Rentabilität der Milchviehhaltung ist noch lang, zumindest wurde aber, dort waren sich alle Teilnehmer einig, das bisher etablierte Wirtschaftssystem der Milchproduktion als Kern des Problems erkannt. (Text und Vorträge können gern über Kontakt v. Anke Bremer angefordert werden)
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